Wir leben ja gerade in statistisch interessanten Zeiten. Deshalb wird es von mir in nächster Zeit Beiträge zu den aktuellen Themen aus mathematischer Sicht geben. Heute will ich mich etwas mit Tests und deren Tücken beschäftigen.
Nehmen wir dazu einmal an, dass sich in 50 Jahren das Nobody-Virus in Deutschland verbreitet. Immerhin, obwohl das Virus so neu ist, gibt es einen im Emergency-Verfahren entwickelten Tests, der ziemlich zuverlässig darüber Auskunft gibt, ob jemand mit dem Virus infiziert ist oder nicht. Es wird von vielen Seiten gefordert, doch diesen Test flächendeckend bei allen durchzuführen. Schauen wir uns diese Situation einmal mit Zahlen an:
In Deutschland leben, sagen wir einmal, zu der Zeit 80 Millionen Menschen. Von diesen Menschen seien zum Zeitpunkt der Diskussion 1% infiziert.
Unser Test ist nun leider nicht perfekt. Wenn der Test zum „negativen“ Ergebnis kommt, ist es nicht völlig sicher, dass der Getestete keine Viren in sich trägt. Nehmen wir an, der Test erkennt Infizierte mit einer Trefferquote von 90%. Das ist doch schon ziemlich zuverlässig.
Nun kann unser Test aber zwei Arten von Fehlern haben: Außer, dass er Infizierte nicht erkennt, kann er auch „Fehlalarme“ auslösen. Er kann das Ergebnis „positiv“ liefern, obwohl der Getestete das Virus gar nicht hat. Nehmen wir einmal an, dass der Test in dieser Frage noch etwas zuverlässiger ist: Bei 93% der gesunden Getesteten soll unser Test auch zu dem Ergebnis kommen, dass der Betroffene nicht infiziert ist. Das heißt allerdings auch, dass bei den Nicht-Infizierten 7% Fehlalarme ausgelöst werden.
Jetzt eine Frage an Sie, aus dem Bauch heraus: Wenn jemand positiv getestet ist, wie wahrscheinlich ist es eigentlich, dass er krank ist? Sind es 90%? Oder doch nur 50%? Was schätzen Sie?
Lassen Sie es uns ausrechnen, denn wir haben alle Zahlen, die wir dafür brauchen. Wir wissen nämlich:
Es gibt 800.000 Infizierte in Deutschland (1% von 80 Millionen).
Entsprechend gibt es 79.200.000 Nicht-Infizierte.
Unser Test wird 720.000 Infizierte entdecken. (90% von 800.000).
Der Test wird 5.544.000 Nicht-Infizierte fälschlicherweise als infiziert anzeigen. (7% von 79.200.000)
Insgesamt wird unser Test also 6.264.000 mal „positiv“ ergeben.
Um die Frage von oben zu beantworten, müssen wir als nur noch
720.000 durch 6.264.000 teilen und das Ergebnis mit 100% multiplizieren.
Das Ergebnis ist (gerundet): 11,5%. Oooops?
Obwohl unser Test doch ziemlich zuverlässig ist, sind nur 11,5% der Positiv-Ergebnisse richtig und 88,5% sind Fehlalarme.
Und jetzt frage ich Sie: Wäre es wirklich sinnvoll, alle Deutschen auf das Nobody-Virus zu testen, wenn die allermeisten Positiv-Diagnosen sowieso Fehlalarme sind? Das Urteil darüber überlasse ich nun gerne Ihnen!